TUM Talk:„Es ist wichtig, dass wir alle voneinander lernen“

Belastbare Brücken zwischen Wissenschaft und Wirtschaft sorgen dafür, dass Ideen nicht im Elfenbeinturm verkümmern – sondern den Fortschritt auch in schwierigen Zeiten sichern. Diese Zukunftsaufgabe diskutierten Unternehmer und Forscher beim sechsten TUM Talk am Bildungscampus Heilbronn.

Immer mehr Daten, immer mehr Digitalisierung. Und doch müssen schlussendlich die ganz analogen Dinge passen, damit Fortschritt entsteht. „Am Ende passiert Innovation zwischen Menschen“, sagte Professor Dr. Thomas F. Hofmann, Präsident der Technischen Universität München (TUM) zum Auftakt des TUM Talks (Dienstag, 21. Oktober 2025). Auch deshalb stand das Diskussionsformat TUM Talk in diesem Jahr unter dem Titel „Innovationsbrücken für ein starkes Morgen“. Denn der Leitsatz gilt insbesondere für den Innovationstransfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft.

Auf der einen Seite wird an Innovationen geforscht, auf der anderen Seite werden sie angesichts multipler finanzieller, geopolitischer und technologischer Herausforderungen dringend gesucht. Gelingt es, hier einen strategischen und belastbaren Austausch zwischen den Welten zu etablieren, lassen sich Probleme früh identifizieren – und zukunftsfähige Ideen strukturiert in die Unternehmen übertragen. „Wie vergrößern wir die Wirkung von Forschung?“, formulierte es Professorin Dr. Jeanne Rubner, Vizepräsidentin der TUM für Globale Kommunikation und Public Engagement, zu Beginn des TUM Talks.

Bereits zum sechsten Mal hatte die TUM am Campus Heilbronn zu der Diskussionsrunde geladen. Und erneut folgten zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft der Einladung auf den Bildungscampus Heilbronn. Viele stammten aus der Region Heilbronn-Franken, „gesegnet mit einer Vielzahl an großartigen Unternehmen“, wie Professor Dr. Ali Sunyaev, Vizepräsident TUM Campus Heilbronn, in seiner Begrüßung betonte.

Raus aus den Silos – Voneinander lernen

Die Gäste erlebten auf dem Podium, wie Vertreterinnen und Vertreter aus Unternehmen und Wissenschaft für einen Wandel in Köpfen und bei Strukturen warben. Denn um belastbare Innovationsbrücken zu etablieren, ist ein Umdenken auf gleich mehreren Ebenen nötig. Etwa in den Unternehmen selbst: „Mir ist es wichtig, dass wir nicht in Silos denken, sondern alle voneinander lernen“, sagte beispielsweise Christine Grotz, geschäftsführende Gesellschafterin der Weber-Hydraulik. Das traditionsreiche Familienunternehmen aus Güglingen arbeitet gerade daran, solche neue Strukturen zu schaffen. In einem Joint-Venture arbeiten Ingenieure jetzt auch an Apps für den Bereich Rettungstechnik. Und im Stammgeschäft Hydraulik reden neuerdings Cybersecurity-Experten mit.

Je tiefer traditionelle Arbeitswege und -weisen verankert sind, umso schwerer kann ein solches Umdenken sein. Dabei hat gerade der inhabergeführte Mittelstand grundsätzlich gute Startbedingungen, um sich hier zu bewegen: „Kleinere Unternehmen sind häufig offener dafür, neue Wege auszuprobieren“, sagte Dagmar Schuller. Sie hat als Gründerin des KI-Start-ups Audeering und als Professorin an der Hochschule Landshut erlebt, worauf es ankommt, um offen für Innovationen zu bleiben: Man müsse nicht nur die fachlichen Kompetenzen mitbringen, sondern auch das entsprechende Mindset.

Chancen sehen  – Potenziale nutzen

Herausforderungen gibt es auf diesem Weg genug. Start-ups als Innovationsträger tun sich etwa in Deutschland immer noch schwerer zu wachsen als beispielsweise in den USA. Staat und Kapitalbranche arbeiten daran, mehr Möglichkeiten zu etablieren – wie sich beispielsweise bei den Investitionen in Heilbronn rund um das Thema Künstliche Intelligenz gerade zeigt. „Wir müssen Rahmenbedingungen schaffen, dass diese Leute freiwillig bleiben“, sagte Mirko Holzer, Deputy Director bei der Bundesagentur für Sprunginnovationen, kurz SPRIND.

Manchmal reichen dafür aber einfache Tricks, die auch der Mittelstand umsetzen kann. Holzer ermutigte beim TUM Talk die anwesenden Zuhörerinnen und Zuhörer, beispielsweise der eigenen Einkaufsabteilungen größere Freiheiten zu ermöglichen – warum nicht mal mutig von einem jungen Unternehmen zukaufen, dass gerade erst eine Innovation auf den Markt gebracht hat?

Rein in die Praxis – Forschung trifft Mittelstand

In der Diskussion zeigte sich zudem deutlich: Hochschulen wie die TUM sind auf dem Weg hin zu belastbaren Innovationsbrücken ein entscheidendes Puzzlestück. Zum einen können sie Unternehmen helfen, mit der passenden Grundlagen- und Anwendungsforschung Innovationslücken bei Zukunftsthemen wie Deeptech, Künstlicher Intelligenz oder Robotik zu schließen. Dafür brauche es ein Bein, das fest in der jeweiligen wissenschaftlichen Fachcommunity verankert sei, sagte Professor Dr. Hans-Joachim Bungartz, Dekan der TUM-School of Computation, Information und Technology (CIT). Man benötige aber auch „ein Mindset, das in Richtung unternehmerisches Denken geht.“

Zum anderen bilden die Hochschulen die Fach- und Führungskräfte von morgen aus – gewissermaßen als lebendige Innovationsbrücken in die Unternehmen herein. „Es ist uns wichtig, dass Studierende unser Unternehmen kennenlernen – und  es ist auch wichtig, dass sie unsere Probleme kennenlernen“, sagte Weber-Hydraulik-Chefin Grotz.

Um bei aller wissenschaftlichen Exzellenz das Gespür für die wirtschaftliche Wirklichkeit nicht zu verlieren, baut die TUM beispielsweise ihr Studienangebot mit konkretem Praxisbezug aus. In der Projektwoche „1000+“ stürzen sich etwa kleine interdisziplinäre Studierendenteams eine Woche lang auf konkrete Herausforderungen, die insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen plagen. „So ein Praxisbezug wirkt unglaublich motivierend auf Studierende“, betonte Bungartz, „weil sie direkt sehen, was ihre Arbeit bewirkt.“

Auch dank dieser konkreten Beispiele setzte das Diskussionsformat TUM Talk erneut wichtige Impulse, die die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Anschluss an die Podiumsdiskussion in vielen angeregten Unterhaltungen auf dem Bildungscampus vertieften. Den Ton für viele Gespräche hatte TUM-Präsident Hofmann bereits in seiner Begrüßung gesetzt: Angesichts der multiplen Herausforderungen, vor denen das Land und die Wirtschaft aktuell stehen, könne man entweder leicht verzagen – oder positiv nach vorne schauen: „Und ich bin für zweiteres“.

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