Auf der Landessiegesfeier der Deutschen Meisterschaft im Handwerk – German Craft Skills am Samstag in Stuttgart wurden 81 Spitzen-Nachwuchskräfte aus Baden-Württemberg ausgezeichnet. 18 der besten Junghandwerkerinnen und Junghandwerker kommen aus der Region Stuttgart. Fünf Talente erzählen ihre Geschichte.
Wer beherrscht sein Handwerk besonders gut? Jedes Jahr messen sich die besten Gesellinnen und Gesellen der Regionen beim Landeswettbewerb der Deutschen Meisterschaft im Handwerk – German Craft Skills (DMH). 13 Sieger und 5 Siegerinnen kommen in diesem Jahr aus der Region Stuttgart. „Es zeigt einmal mehr, wie viele starke Talente wir im regionalen Handwerk haben. Die jungen Gesellinnen und Gesellen haben mit ihrer Leidenschaft und ihrem Können schon auf Kammerebene und jetzt auch im Landesvergleich überzeugt“, freut sich Peter Friedrich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Region Stuttgart. „Diese Leistung ist nur möglich dank der hohen Ausbildungsqualität in den Betrieben.“ Im nächsten Schritt treten die Landessiegerinnen und -sieger im Bundesentscheid des größten Berufswettbewerbs Europas an.
Tobias Wieland, Elektroniker für Gebäudesystemintegration aus Esslingen
Corinna Frey, Rollladen- und Sonnenschutzmechatronikerin aus Jettingen
Vatan Kara Hotza, Karosserie- und Fahrzeugbaumechaniker aus Stuttgart
Daniel Neuscheler, Beton- und Stahlbetonbauer in Neckartenzlingen
Vivien Müller, Konditorin in Stuttgart
1. Smartes Handwerk mit Zukunft
Der 24-jährige Tobias Wieland aus Esslingen am Neckar ist Landessieger im Ausbildungsberuf Elektroniker für Gebäudesystemintegration und damit ein echter Exot unter den diesjährigen Preisträgerinnen und Preisträgern. In dem noch recht jungen Ausbildungsberuf gab es keine Mitbewerber aus den anderen Kammerbezirken auf Landesebene, daher wurde der Kammersieger automatisch auch Landessieger. Seine Ausbildung absolvierte Tobias Wieland bei der Nägele Stuttgart GmbH in Denkendorf. Ursprünglich hatte er einen anderen Weg eingeschlagen: Zwei Semester lang studierte er, brach dann aber frustriert durch die coronabedingten Onlinevorlesungen ab und suchte seine Berufung im Handwerk. „Gebäudeautomation klang für mich schon sehr aufregend und zukunftsträchtig“, erzählt er.
Heute liebt Tobias Wieland die Abwechslung und Komplexität seines Handwerks. Langweilig wird es ihm nie. Zu seinen Aufgaben zählt die Planung, Inbetriebnahme und Betreuung von Hausautomation und Gebäudetechnik. Besonders begeistert ihn die Verbindung von Technik und Nachhaltigkeit: „Intelligente Vernetzung und Energieeffizienz werden immer wichtiger, ich bin im Wissen breitgefächert und auf viele Systeme und Lösungen vorbereitet.“ Als nächstes steht für ihn der Bundeswettbewerb an. Da Baden-Württemberg in seinem Ausbildungsberuf bundesweit eine Vorreiterrolle einnehme, rechnet er sich gute Chancen auf den Sieg aus. Und in fünf Jahren? Da will er den Meister in der Tasche haben – alles Weitere ist noch in Planung.
2. Auf der Sonnenseite des Handwerks
„Schon als Kind stand ich oft in der Werkstatt und durfte viel von meinem Vater und meinem Bruder lernen. Aber erst später wurde mir richtig bewusst, wie viel Technik, Präzision und Wissen in unseren Produkten steckt“, schwärmt die als beste Rollladen- und Sonnenschutzmechatronikerin im Ländle ausgezeichnete Corinna Frey aus Jettingen. Nach einer kaufmännischen Lehre entschied sie sich aus Leidenschaft und Interesse für eine handwerkliche Ausbildung im Familienbetrieb. Hohe Ansprüche habe sie in der Gesellenprüfung an sich selbst gehabt: „Ich habe mich unglaublich gefreut, als ich von der Auszeichnung zur Landessiegerin erfahren habe. Es war für mich ein Moment voller Dankbarkeit und Freude, dass meine Leistungen gesehen und gewürdigt werden.“
An ihrem Handwerk begeistere sie vor allem die Vielseitigkeit: kein Tag sei wie der andere und biete neue Projekte, individuelle Kundenwünsche und kreative Herausforderungen. „Besonders schön finde ich, dass wir mit unserer Arbeit etwas Sichtbares und Sinnvolles schaffen – wir reparieren, gestalten und machen unsere Kundinnen und Kunden glücklich. Außerdem liebe ich das Teamwork in unserer Firma – gemeinsam etwas Neues zu erschaffen, motiviert mich jeden Tag“, erzählt die 23-jährige Handwerkerin. Als nächstes Karriereziel hat sie den Meistertitel fest im Blick, gleichzeitig will sie im Familienbetrieb wertvolle Erfahrung sammeln und Verantwortung übernehmen: „Ich möchte so viel wie möglich von meinem Vater, meiner Mutter, meinem Bruder und meinen Kolleginnen und Kollegen lernen, um mich auf die spätere Firmenübernahme gut vorzubereiten.“
3. Handwerker mit Ehrgeiz und Vision
Vatan Kara Hotza ist Karosserie- und Fahrzeugbaumechaniker, lebt in Stuttgart und liebt, was er tut: Fast schon zärtlich fährt er mit seinen Händen über den Kotflügel. „Mit den Augen kommt man nicht weit, man muss die Oberfläche fühlen, um auch kleine Unebenheiten entdecken und reparieren zu können“, erklärt der Landesbeste seines Handwerks. Ursprünglich wollte er Kraftfahrzeugmechatroniker werden, doch die Begeisterung für die Restauration führte ihn zum Karosseriebau. „Ich möchte etwas mit den Händen machen, selbst herstellen und erschaffen“, beschreibt der 24-Jährige seine Leidenschaft. Besonders fasziniert ihn, beschädigte Teile wieder instand zu setzen und ihnen neues Leben zu geben.
Mit seinem herausragenden Gesellenstück wurde er zunächst Kammersieger der Region Stuttgart – und schließlich Landessieger Baden-Württembergs. In der Werkstatt der Bildungsakademie der Handwerkskammer Region Stuttgart bereitete er sich dann zwei Wochen konzentriert auf den Bundeswettbewerb vor, er hat sich dafür extra Urlaub genommen. Warum er sich dem Wettbewerb stellt? „Ich will meine Grenzen kennen und das Höchste rausholen, was geht“, sagt Vatan Kara Hotza. Sein Ziel ist es, unter die besten drei zu kommen. Sein Traum: Bei den EuroSkills und WorldSkills mitmachen zu dürfen. Auch für die berufliche Zukunft hat er große Pläne: Er bereitet sich jetzt schon auf seinen Meistertitel vor und kann sich eine Anstellung im Muster- und Prototypenbau oder der Restauration vorstellen, aber auch die Ausbildung neuer Talente findet er reizvoll. Eins ist für den jungen Handwerker sicher: „Ich möchte immer Höheres erreichen.“
4. Selbst Bauwerke erschaffen, die bleiben
Daniel Neuscheler ist Landessieger im Beton- und Stahlbetonbau – ein Titel, den er sich mit viel Ehrgeiz und handwerklichem Können erarbeitet hat. Bei der Reiff Bauunternehmung GmbH in Neckartenzlingen hat er nicht nur sein Handwerk gelernt, sondern auch seine Leidenschaft dafür entdeckt. Dass er ins Handwerk möchte, wusste er schon früh. Mehrere Praktika in verschiedenen Gewerken halfen ihm, die Entscheidung für eine Ausbildung als Beton- und Stahlbetonbauer zu treffen. „Die Kombination aus praktischem Arbeiten, Kreativität und sichtbarem Ergebnis hat mich begeistert“, erzählt er. Heute fasziniert ihn besonders die Mischung aus Tradition und Moderne und, dass er mit seinen Händen etwas Bleibendes schaffen kann – Bauwerke, die man sieht, spürt und die Bestand haben.
Den Wettbewerb hat der junge Geselle aus Walddorfhäslach als Herausforderung angesehen: „Ich wollte sehen, wie weit ich komme.“ Was ihn dabei besonders beeindruckt hat? Die anspruchsvollen Aufgaben, wie das Schalen von vierseitig konischen, also kegelförmigen, Aussparungen. Trotz des Drucks hat er viel Spaß gehabt – und sich durchgesetzt. „Ich bin stolz auf das, was ich erreicht habe, und sehr dankbar für die Unterstützung meines Betriebs als auch meiner Eltern. Ohne sie wäre das nicht möglich gewesen.“ Der Titel als Landessieger ist für den 19-Jährigen erst der Anfang. „Natürlich wäre es ein Traum, auch auf Bundesebene erfolgreich zu sein“, sagt der Beton- und Stahlbetonbauer mit Blick auf den anstehenden Bundeswettbewerb. Doch vor allem ist ihm wichtig, sich weiterzuentwickeln – fachlich und persönlich. Langfristig möchte er auch mehr Verantwortung übernehmen, vielleicht sogar als Ausbilder oder im eigenen Betrieb.
5. Mit Leidenschaft zum Landessieg
Schon mit neun Jahren wusste Vivien Müller, was sie werden wollte: Konditorin. Heute, mit 22, hat sie sich diesen Kindheitstraum nicht nur erfüllt, sondern ihn mit Leidenschaft und Ehrgeiz zur Meisterschaft geführt. Nach ihrer Ausbildung in der Konditorei Geiler in Stuttgart wurde sie zur jahrgangsbesten Konditor-Gesellin der Region Stuttgart gekürt, was sie zur Teilnahme am Landeswettbewerb qualifizierte. Die junge Konditorin nutze die Chance: „Ich wollte neue Erfahrungen sammeln, Menschen mit derselben Leidenschaft treffen und meine Weiterbildung fördern“, erzählt sie. Die Vorbereitung für den Landeswettbewerb neben dem Berufsalltag war intensiv, doch sie hat viel gelernt: „Man möchte immer das perfekte Ergebnis erzielen – aber manchmal muss man improvisieren. Mit guter Vorbereitung und einem klaren Plan erreicht man schon viel.“ Ihr Einsatz hat sich gelohnt, sie konnte sich gegen die vier anderen Teilnehmerinnen behaupten und ist nun Landessiegerin. „Es ist eine große Ehre und ein schöner Erfolg. Ich habe die Chance bekommen, über mich hinauszuwachsen und besser zu werden“, freut sich die 22-Jährige aus Reutlingen. Jetzt geht es weiter zum Bundeswettbewerb.
Was sie an ihrem Handwerk besonders liebt? Die kreative Freiheit und die Freude, die sie anderen bereiten kann. „Es gibt so viele Möglichkeiten, Menschen mit dem, was man backt und herstellt, glücklich zu machen.“ Vivien Müller träumt davon, in fünf Jahren mit dem Meistertitel in einer schönen Patisserie zu arbeiten – und vielleicht selbst junge Talente zu fördern. Denn für sie steht fest: Man lernt nie aus.